Wann kommt die Pandemie der menschlichen Vernunft? 

Dieser Beitrag wurde zuerst am 23.09.2021 auf der Demo der Antihygienistischen Aktion in Karlsruhe vorgetragen er kann auch auf Youtube angehört werden.

Mein Name ist Katja. Ich lebe mit meiner kleinen Familie in Frankfurt am Main und bin Germanistin, d.h., ich habe deutsche Sprache und Literatur studiert. Ich habe daraus auch meinen Beruf gemacht; ich forsche im Bereich von Sprachwissenschaft und Sprachgeschichte. Manchmal hat man den Eindruck: Solche Wissenschaftler werden schon lange nicht mehr gebraucht, weil ja schon seit vielen Jahren die Kommunikation mit Sprache überall bestens funktioniert – ganz besonders seit März 2020.

Populistische Provokationen kommen nicht nur aus der Opposition

Ich gehe noch weiter zurück, wir erinnern uns: Im Jahre 2017 empörte sich die Öffentlichkeit völlig zurecht darüber, dass Björn Höcke das Holocaust-Denkmal in Berlin ein „Denkmal der Schande“ nannte. Ein Denkmal der Schande, das weiß der Gymnasiallehrer Höcke, ist doppeldeutig: Man versteht es als Denkmal, das die Schande des Holocausts zeigen soll, als Denkmal für diese Schande. Aber für Höckes Zielpublikum klingt es wie ein Denkmal, das voller Schande ist und daher auch selbst eine Schande, und das deshalb entfernt werden muss. Sprachwissenschaftler sagen dann: Das ist eine populistische Provokation.

Ihr wisst vielleicht, worauf ich hinaus will: Der Spruch unseres CDU-Gesundheitsministers, es drohe eine „Pandemie der Ungeimpften“, folgt nämlich einem ganz ähnlichen grammatischen Schema: Sachlich soll es um eine Pandemie gehen, die sich unter den Ungeimpften ausbreitet und die sie betrifft. Aber für das Zielpublikum, das die repressive und diskriminierende Impfpolitik des Ministers gut findet, ist es zugleich eine Pandemie, die aus Ungeimpften besteht: Die Ungeimpften selbst sind die Pandemie. So wie Höcke das Holocaustmahnmal reißerisch selbst zur Schande erklärte, so erklärt der Gesundheitsminister – reißerisch und aggressiv spaltend – die Ungeimpften zu einer weit verbreiteten Krankheit.

Menschen sind keine Krankheit

Und es kommt noch schlimmer, weil Wörter nämlich die Kraft haben, Menschen ganz konkret zu Handlungen anzustiften. Man muss dafür nicht einmal einen Appell ausformulieren; der Appell steckt im Wort selbst: Für eine Schande sollen sich die Menschen schämen, sie muss lauthals angeprangert und nach Möglichkeit aus der Welt geschafft werden. Höckes Spruch ist ein unverhohlener Angriff gegen die Aufarbeitung der nationalsozialistischen deutschen Geschichte. Genau das fanden seine Anhänger ja so attraktiv, genau das hat die demokratische Öffentlichkeit zurecht empört. Aber nun ist es Jens Spahn, der die Bevölkerung zu zerstörerischem Handeln anstiftet: Mit einer Pandemie muss man endlich einmal zum Schluss kommen, eine pandemische  Krankheit gehört ausgerottet, und das heißt: die Ungeimpften müssen bekämpft werden – es koste, was es wolle.

Dass der deutsche Minister den Spruch vielleicht dem amerikanischen Präsidenten nur nachgeplappert hat, das macht die Sache nicht besser. Ich glaube sowieso manchmal, das Wort Pandemie ist nur erfunden worden, damit man in andere Länder schauen kann, um sich von dort gruselige Bilder herauszukopieren und deren politische Fehler nachzumachen. Doch wer hier in Deutschland Menschen mit einer Krankheit gleichsetzt, der widerspricht unseren Grundrechten. Die Grundrechte besagen nämlich, dass jeder Mensch eine unverletzliche Würde hat und dass sie unter allen Umständen von allen respektiert werden muss. Selbst, wenn es dem Minister nur darum gehen sollte, seine Kritiker zum Schweigen zu bringen, so muss man ihm entgegenschleudern: Mundtot ist auch tot. 

Populistischer Aktionismus statt maßvoller kleiner Schritte

Woher kommen diese boshaften, populistischen Entgleisungen? Es gibt ja noch viel schlimmere dieser Art, die ich hier nicht wiederholen will. Als Markus Söder zur Bekräftigung des allerersten Lockdowns auf den Tisch hieb und verlautete: “Es soll sich keiner täuschen. Wir werden hart durchgreifen”, da schoss mir der Gedanke durch den Kopf: Wenn diese Entscheidung falsch ist, dann kommen wir da nie wieder raus. Das ist natürlich paradox. Denn wenn man eine Entscheidung trifft, die sich später als falsch herausstellt, dann nimmt man sie eben zurück und trifft eine andere, bessere Entscheidung. Aber darauf können wir lange warten. Ich ahnte damals schon, dass das harte Durchgreifen, mit dem Söder sich brüstete, so falsch sein würde wie die Kriegserklärung des Kaisers Franz Joseph im Sommer 1914. (Mit ihr begann ja der 1. Weltkrieg). Man muss dafür keine Akademikerin sein, das merkt jede Mutter: Kinder und Jugendliche einzusperren, sie mit Freiheitsentzug zu terrorisieren und mit sozialer Isolation, damit sie sich den Gefahren der großen Welt da draußen zu 100% nicht aussetzen – das war schon immer unmenschlich. Nicht einmal zur Zeit des Bombenkriegs 1944/1945 wurde den Kindern das Spielen im Freien verwehrt; wenn der Himmel wieder zur Ruhe kam, dann durften auch die Kinder raus, dann durften sie beim Spielen mit ihren Freunden ihre Not einmal vergessen. Wo waren die Ideen von Politik und Zivilgesellschaft, große freie Flächen für die Kinder und Jugendlichen zu schaffen, damit sie rausgehen, sich treffen und sich bewegen können? 

Über die folgenden Entwicklungen war ich nicht überrascht. Die Entscheidung, das gesamte öffentliche Leben und vor allem die Schulen, Kitas und Jugendzentren, sogar Spielplätze und Parkanlagen dicht zu machen, erwies sich als uneffektiv, maßlos und maximal unklug,  Aus politologischer Sicht haben mir das später Michael Esfeld und Karl Popper bestätigt: Gute Regierungen gehen kleine Schritte, die sie wieder korrigieren können. 

Die Regierung interessiert sich nicht für Wissenschaft

Eigentlich hätten die Politiker ihre fulminante Fehleinschätzung schon im Frühsommer 2020 einräumen, sie hätten Konsequenzen ziehen müssen. Die berühmte Inzidenzkurve war schon vor dem Lockdown abgeflacht. John Ionnadis hatte schnell eine Sterblichkeit unter den Infizierten bzw. positiv Getesteten berechnet, die mit unter 1 % weit unter der Sterblichkeit der Spanischen Grippe lag. Damals, 1918/1919, waren es 2% nicht der positiv Getesteten (diesen Luxus kannte man damals noch nicht), sondern der gesamten Bevölkerung. Schon im Mai 2020 erschienen in Frankreich erste Studienergebnisse, die zeigten, dass Kinder nur in verschwindend geringer Zahl selbst schwer erkranken, dass sie auch gar keine Superspreader sind. Man konnte es damals bereits wissen, dass sie mit ihrem besonders lernfähigen, hochaktiven Immunsystem ihre Umgebung vielleicht sogar schützen. Die Verunglimpfung und soziale Verelendung unserer Schutzbefohlenen hätte sofort beendet werden müssen. Sofort hätte man die Schulen, Kitas, Jugendeinrichtungen ausnahmslos und unwiderruflich öffnen müssen – selbstverständlich mit engagierten Homeschooling-Optionen für die vorerkrankten, wirklich gefährdeten Kinder und Lehrer. 

Doch darin besteht das Problem bei politischer Maßlosigkeit: Nicht ein einzelner Politiker, die ganze Regierung inklusive Kanzlerin hätte zurücktreten müssen; und sie hätten dabei die vielen, vielen Anhänger ihrer Panikpolitik richtig verprellen müssen. Das destabilisiert einen Staat; allein aus Gründen der Staatsräson kann so ein Schnitt mitten in einer Krise in einer so aufgewühlten Bevölkerung niemals vollzogen werden. Man kann es deshalb nicht oft genug wiederholen: Gerade dann, wenn Gefahr heraufzieht – die Gefahr einer Epidemie, eine Kriegsgefahr, eine Finanzkrise, was auch immer das sein könnte – gerade dann gehen kluge Regierungen kleine Schritte. Wo aber große Fehler nicht eingeräumt werden können, müssen Ausreden und Notlügen her.

Viele fragen, warum sich die Regierenden für die wissenschaftliche Auseinandersetzung so gar nicht interessieren, warum Angela Merkel die methodischen Probleme des PCR-Tests und seiner Inzidenzen gar nicht versteht und warum Jens Spahn die vielen wissenschaftlichen Argumente gegen Kinder-Impfungen einfach nicht zur Kenntnis nimmt. Eine sinnvolle Zählung von belegten Intensivbetten, ein effektives Meldesystem der Impfnebenwirkungen, eine seriöse Aufarbeitung aller Schäden der Coronapolitik – das alles ist meiner Ansicht nach nicht zu erwarten.

Ein neues Feindbild als Ausweg aus der Krise?

Für die Verantwortlichen ist Unwissen eine praktische Angelegenheit. Denn je weniger man über Sachprobleme weiß, desto leichter fallen einem die Ausreden und Ausweichmanöver. Auch schlechte Ratgeber sind genügend zur Hand. Ich persönlich gehe davon aus, dass die meisten es lieber besser machen würden. Doch gegenwärtig leben viele Politiker in einem richtigen Netz von Notlügen, Ausreden, Unwissenheit. Durch ihre exponentiell gewachsene Inkompetenz sind sie dazu verdammt, an ihre falschen, populistischen Versprechen selbst zu glauben (Lockdown … Impfquote … wir rotten das Virus aus). Sie sind dazu verdammt, immer weiter jenen Lobbyisten und Star-Influencern zu folgen, die sie dort hingetrieben haben. Sie sind schlichtweg überfordert.

Daraus entsteht natürlich ein ungeheures Aggressionspotential – bei den Regierenden, den Parlamentariern, letztlich bei allen, die sich unterwarfen und von Beginn an haben täuschen lassen. Diese Aggression muss auf jemanden abgelenkt werden. So erkläre ich mir den Spruch von der Pandemie der Ungeimpften: EIN Blitzableiter für ALLES muss her. Und diese Gruppe der Ungeimpften eignet sich hervorragend, um das ganze Arsenal an Kampfbegriffen wieder hervorzuholen: Impfgegner, Coronaleugner, Querdenker, Verschwörungstheoretiker, Impfverweigerer  … Es ist erschreckend, wie schnell sich unsere Gesellschaft ein neues Feindbild geschaffen hat – anstatt sich couragiert an die Bearbeitung ihrer Probleme zu machen. Minderheitenmeinungen aus Wissenschaft und Öffentlichkeit müssten dazu ernsthaft gehört werden. 

Aufklärung und Vorurteilskritik statt Aggression

Nun will ich der Aggression etwas entgegensetzen. Ich stehe hier nicht für die Verzweiflung, ich stehe für einen respektvollen und menschlichen Umgang miteinander. Dazu gehe ich – wie schon Ulrich Nagel in Heidelberg und Johanna in Speyer – in die Zeit der Aufklärung zurück. Man kann, wie es Johanna und Ulrich vorschlagen, Kants Appell zur Selbstaufklärung lesen. Man kann auch den angestaubten Gotthold Ephraim Lessing aus der Mottenkiste holen. Für mich war er der größte Humanist und Menschenfreund unter den Aufklärern, und zur Zeit brauchen wir nichts dringender als menschliche Freunde.

Wie wir heute so lebte auch Lessing in einer Welt voller Vorurteile. Er war damals der Überzeugung, dass man den Menschen diese Vorurteile am besten auf der Bühne des Theaters spiegelt, wie auch all die Lächerlichkeiten und Konflikte, die daraus entstehen. Viele seiner Dramen gehen nicht gut aus. Denn wegen ihrer Vorurteile verschließen sich die Akteure gegeneinander, anstatt aktiv miteinander ins Gespräch zu gehen. Man hat diese Trauerspiele deshalb einmal als Dramen der gescheiterten Kommunikation bezeichnet.

Kritik der Guten und Tapferen: Minna von Barnhelm

Doch Lessing hat auch Stücke verfasst, wo die Kommunikation gelingt. Dazu zählt nicht nur “Nathan der Weise”, sondern auch die „Minna von Barnhelm“, die manche bestimmt noch als Schullektüre kennen. Die wichtigste Figur neben ihr ist der Major von Tellheim – ursprünglich ein stolzer Offizier, der jetzt aus dem Siebenjährigen Krieg (1756-1763) zurückkehrt. Er ist finanziell komplett ruiniert und kriegsversehrt mit nur noch einem Arm. Zudem ist er in einen ehrenrührigen Gerichtsprozess verwickelt. Kein Geringerer als der König wirft ihm Kollaboration mit dem Feind vor, weil Tellheim im Kampf zu milde war. Man muss wissen: Lessing kannte diesen Krieg ganz genau, denn er diente selbst als Sekretär eines Generals an der Front. 

Dieser Major Tellheim ist ein Mann von Ehre und ein richtiger Tugendbolt; er macht einfach alles richtig: Er ist großzügig zu den Armen, nachsichtig mit den Geizigen, fürsorglich bei seinem Diener und eben milde gegen seine Feinde. Heute würde er überall Maske tragen und sich dafür einsetzen, dass auch andere das tun. Er würde Impfungen für alle propagieren, um überall und immer seine Mitmenschen zu schützen – nichts sonst würde er sich dabei denken. Denn Tellheim ist ein Mann, der ganz mit sich übereinstimmt.

Wie es scheint. 

In Wirklichkeit ist der Major auf der Flucht. Er flieht ­– ausgerechnet  vor seiner Verlobten Minna von Barnhelm. Er hat so viel verloren: Kapital, körperliche Gesundheit und seine Ehre; er kann sich nicht überwinden, ihr in diesem Zustand gegenüberzutreten. Der tapfere Soldat ist ganz schön feige. Minna dagegen lebt nicht in der Perfektion. Sie handelt nicht nach dem autoritären Diktat einer abstrakten Tugend, sie hat eine praktische Vernunft. Mit Menschen geht sie freundlich, um mit ihnen gemeinsam etwas zu erreichen.

Umwege über menschliche Schwächen: Minnas Ringparabel

Ihr kennt vielleicht die Theorie: Wer zum Mond will, der sollte nicht das Haus verlassen und auf direktem Wege den erstbesten Baum besteigen. Man muss Umwege gehen, wenn man erreichen will, was einem wichtig ist. Wer Katastrophen verhindern will, der muss zuallererst mit Menschen kooperieren. Das gilt für private Katastrophen in Familie und Freundeskreis, auch bei gesellschaftlichen Katastrophen, sogar bei Katastrophen von Krankheit und Tod. Dabei beutet man menschliche Schwächen und Ängste nicht aus, sondern man versucht, konstruktiv mit ihnen umzugehen. 

Minna liebt ihren Offizier. Er flieht vor ihr; sie geht ihm nach, sie sucht ihn, sie findet ihn. In seinem Tugendwahn stößt er sie jedoch zurück: Er ist ruiniert, deshalb sei er ihrer gar nicht mehr würdig. Minna ist angesichts diese Härte völlig perplex. Aber wer liebt, der lässt sich nicht verhärten. Minna stößt schnell auf den schwachen Punkt im Ehrverständnis ihres Soldaten. Durch einen Zufall gelangt ihr nämlich Tellheims Verlobungsring in die Hände. Der korrekte Mann wollte ihn für Geld tauschen, um seine Schulden zu begleichen. Er ist ja – wir erinnern uns – unbedingt tugendhaft. Er macht keine Schulden.

Da folgt Minna einer raffinierten Intuition: Erst hat sie – völlig aussichtslos – einen Streit nach dem anderen mit ihm provoziert. Nun kommt sie auf die Idee, ihm diesen Verlobungsring zurückzugeben. Tellheim weiß nichts vom Verbleib seines eigenen Ringes; deshalb muss er denken, dass Minna ihm IHREN Ring zurückgibt. Er muss denken, dass sie endlich nachgibt und die Verlobung löst, weil sie enttäuscht ist von ihm.  

Dabei löst Minna die Verlobung ja gar nicht, ganz im Gegenteil: Sie gibt ihm SEINEN Ring zurück. Die Verlobung wird also nicht gelöst, sondern erneuert – und das mitten auf dem Höhepunkt der Krise. Dieses Spiel mit dem Ring bewirkt viel mehr als tausend Worte. Es kehrt den Gang der Ereignisse völlig um. Tellheim sieht nun die Sache einmal von der anderen Seite. Ein stolzer Offizier lässt sich ja nicht so einfach zurückweisen! Ab sofort geht er auf seine Verlobte zu. Am Ende erkennt er, wie leichtfertig er den Ring und sein Glück beinahe hergegeben hätte. Im Untertitel heißt diese Komödie “das Soldatenglück”; und kein Glück, nicht einmal das Soldatenglück, besteht aus Tapferkeit und Rechthaberei.

Nach dem Ring suchen, der verbindet

Deshalb denke ich: Ich will in dieser großen gesellschaftlichen Krise nicht nach dem Schwert greifen, das mit Tapferkeit alles zerhaut. Ich will nach dem Ring suchen, der verbindet. Ich glaube, man muss das bei jedem Freund/jeder Freundin einzeln tun, denn in jeder Freundschaft gibt es etwas Besonderes, das verbindet. Allgemein ist es vielleicht das gegenseitige Zuhören. Vielleicht ist es auch der Abstand oder sogar der Abschied, den man dem Freund zugestehen muss. In der Welt der Erwachsenen ist es so: Wenn man jemanden wirklich mag, lässt man ihn gehen, wenn er denn unbedingt gehen will. Auch eine mit Nachsicht beendete Freundschaft kann womöglich eine Freundschaftsgabe sein. 

Eines scheint mir jedenfalls mittlerweile glaskar: Solange ich nicht nach dem gefragt werde, was ich weiß, führt mich die Weitergabe von Sachwissen nicht weiter. Die Währung, die Tellheims Misere mit verursacht, ist das Geld. Die Währung in der politischen Krise heute ist die Information: Bis Februar 2021 waren schon fast eine halbe Million wissenschaftliche Studien zum Thema COVID19 erschienen. (Auch das hat John Ioannidis berechnet). Jede dieser Studien kann politisch gebraucht und missbraucht werden – bis hin zum Informationskrieg. Ich selbst habe den Freunden, die die Diskussion verweigern, immer noch einen Link, noch einen Literaturtip hinterhergeschickt. Aber muss ich mich wundern, dass die tugendstolzen Corona-Soldaten meine Informationen gar nicht wollen – nicht mal, wenn diese Informationen mit vielen Monaten der Verspätung in die großen Tageszeitungen kommen?!

Tellheim wollte seinen Verlobungsring zu Geld machen, obwohl ein Verlobungsring mit Geld nicht zu bezahlen ist. Dasselbe gilt für unsere Sprache und unseren Umgang miteinander. Freundlichkeit, Zuwendung, Nachsicht, Humor – all das ist mit der inflationären Währung der Information nicht aufzuwiegen.

Pandemie der menschlichen Vernunft

Das heißt nicht, dass wir uns selbst nicht immer weiter aufklären sollen. Na klar, gehen wir weiter zu den Quellen, wie wir es immer gemacht haben. Wir gehen Ad fontes! – wie es die Humanisten und die Aufklärer sagten. Und wir zeigen das weiterhin in der Öffentlichkeit. Wir bestehen auf dem Recht, unserem Gemeinwesen all das frech ins Gesicht zu sagen, was wir als wahr wissen.  Aber der persönliche Umgang ist ein Fundament von ALLEM. Und hier brauchen wir Geschick und Raffinesse, damit die populistischen Botschaften von der Pandemie der Ungeimpften nicht auch noch bei unseren Freunden verfangen.

Wenn die Tugendsoldaten vor unseren gemeinsamen Problemen fliehen, muss man sich gut überlegen, ob es sich lohnt, ihnen hinterher zu jagen. So oder so: Man muss ein Zutrauen haben zur eigenen Intuition und Menschlichkeit. Stellt euch mal vor: Wir würden eine Pandemie der menschlichen Vernunft ausrufen. Dann wäre es mit der boshaften Grammatik vorbei – denn DIESE Pandemie wäre eine richtig gute Sache!

Jetzt steht uns aber erst einmal ein langer Winter bevor. 

Ich wünsche uns, euch, mir persönliches Geschick und auch Glück, damit wir einmal mit einem Menschen einen Ring tauschen können. Danke.

Katja

3 Gedanken zu „Wann kommt die Pandemie der menschlichen Vernunft? 

  1. Das Beste am Vortrag war, dass er Gedankenwelten öffnet und gelungen transportiert, dass man mit Kraft und Logik alleine nicht aus der Situation herauskommen wird.

  2. Thema unvollständig. Aufklärung ist Vernunft und Logik. Soziologie fehlt. Soziologie ist Macht und Gruppenzugehörigkeit.

    Da-Draußen geht ein Staat & Mehrheitsgesellschaft systematisch gegen Minderheiten vor. In der Regel sind auch Sachkundige in einer Gruppe immer eine ungeschützte Minderheit.

    Staat & Medien benutzen gezielt schwarze Rhetorik (Angst-, Schuld, Ausgrenzung) und systematische Zersetzung (verdeckte Ermittler, Framing (Falschetikettierung), Unterstellungen, Lügen-durch-Weglassen, Einschüchterungen,..).

    Zudem ist die Gesellschaft ist von krankem Konformitätsdruck & Gleichmacherei geprägt. Egal welches Thema. Abweichende Meinungen lösen breite irrationale Gruppenreaktionen hervor.

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